WARUM
Die neuen Anforderungen zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten (Konzernverantwortung) bringen auch eine gesetzliche Prüfungspflicht des Compliance Management Systems (CMS) mit sich (vgl. Art. 964k Abs. 3 OR). Die Kinderarbeit unterliegt – im Gegensatz zu den Mineralien und Metallen – keiner Prüfungspflicht. Um den betroffenen Unternehmen ein möglichst klares Verständnis zu ermöglichen, was dies bedeutet, wird nachfolgend das «WER» (Betroffene), das «WANN», das «WAS» (Gesetzliche Vorgaben), und das «WIE» (der Prüfung) thematisiert. Bei der externen Prüfung des CMS handelt sich um eine Angemessenheitsprüfung mit begrenzter Zusicherung («negative assurance»), was in Analogie mit der im Rahmen der ordentlichen Revision (Jahresabschlussprüfung) durchgeführten Prüfung des Internen Kontroll-Systems (IKS) über die reine Existenzprüfung hinaus geht, jedoch keine umfassende Zusicherung («positive assurance») bietet. Wichtig ist, dass die weiteren Entwicklungen in der Schweizer Gesetzgebung zur Berichterstattung bezüglich nicht-finanziellen Informationen und zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten kompatibel mit der EU-/internationalen Regulierung sind und verbleibende Handlungsspielräume im Interesse der KMU-geprägten Schweiz genutzt werden.
WER
Scope / Betroffene Unternehmen:
Im Gegensatz zu den von der jährlichen Berichterstattung über nichtfinanzielle Belange betroffenen Grossunternehmen (über 500 Mitarbeitende und über 20 Mio. CHF Bilanzsumme oder 40 Mio. CHF Umsatzerlös) des öffentlichen Interesses gibt es in der Frage der Einhaltung der Sorgfaltspflichten keine vergleichbaren Grössenkriterien. Stattdessen ist der Anwendungsbereich definiert auf Unternehmen, welche Mineralien oder Metalle, die Zinn, Tantal, Wolfram oder Gold enthalten, aus Konflikt- oder Hochrisikogebieten einführen oder in der Schweiz bearbeiten und gewisse Einfuhr- und Bearbeitungsmengen überschreiten (vgl. Art. 4 bzw. Anhang 1 VSoTr).
Unternehmen sind verpflichtet zu prüfen, ob die Mineralien und Metalle aus Konflikt- und Hochrisikogebieten stammen, sofern die definierten Einfuhr- und Bearbeitungsmengen überschritten werden. Sofern die Mineralien und Metalle nicht aus einem Konflikt- und Hochrisikogebiet stammen, hat das Unternehmen diese Feststellung zu dokumentieren und ist von den Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten befreit.
In Konzernverhältnissen beziehen sich die Einfuhr- und Bearbeitungsmengen auf die gesamten Schweizer Gesellschaften der Unternehmensgruppe.
WANN
Die Berichterstattungspflicht der Unternehmen gilt erstmals für das Geschäftsjahr 2023, die erste Prüfung der Einhaltung der Sorgfaltspflichten findet im Jahr 2024 statt.
WAS
Einhaltung der Sorgfaltspflichten (Verantwortung beim Verwaltungsrat) - Gesetzliche Vorgaben (Art. 964k OR):
- Die Unternehmen müssen ein Compliance Managementsystem führen und darin die Lieferkettenpolitik für möglicherweise aus Konflikt- und Hochrisikogebieten stammende Mineralien und Metalle und ein System zur Rückverfolgung der Lieferkette festlegen.
- Die Unternehmen müssen einen Risikomanagementplan erstellen und Massnahmen zur Minimierung der festgestellten Risiken treffen.
- Die Unternehmen müssen die Einhaltung der Sorgfaltspflichten bezüglich der Mineralien und Metalle durch eine unabhängige Fachperson prüfen lassen. Die Kinderarbeit unterliegt – im Gegensatz zu den Mineralien und Metallen – keiner Prüfungspflicht.
Bei den Sorgfaltspflichten handelt es sich nicht um Erfolgspflichten, sondern um sog. Bemühungspflichten, im Sinne einer Pflicht mit aller Sorgfalt tätig zu werden. Zweck der Sorgfaltsprüfung ist es, dass Unternehmen negative Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf die Rechte Betroffener und die Umwelt erkennen, verhindern oder mindern können.
Die Sorgfaltspflichten für Konfliktmineralien und -metalle beinhalten folgende fünf Elemente:
- Die Festlegung einer Lieferkettenpolitik.
- Ein Meldeverfahren zur Risikofrüherkennung.
- Ein System zur Rückverfolgbarkeit der Lieferkette.
- Das Risikomanagement.
- Die Prüfung der Einhaltung der Sorgfaltspflichten durch ein Revisionsunternehmen.
Strafbestimmung: Gemäss Art. 325ter StGB sind falsche Angaben im Bericht, das Unterlassen der Berichterstattung oder die Verletzung der gesetzlichen Pflicht zur Aufbewahrung und Dokumentation strafbar. Die Bussen liegen bei fahrlässigem bzw. vorsätzlichem Handeln im Bereich von 50'000 – 100'000 CHF.
WIE
Prüfung der Einhaltung der Sorgfaltspflichten (Verantwortung beim Revisionsunternehmen):
Gemäss der Verordnung prüft ein Revisionsunternehmen mit Zulassung als Revisionsexperte, ob Sachverhalte vorliegen, aus denen zu schliessen ist, dass die Sorgfaltspflichten nicht eingehalten wurden (sog. begrenzte Zusicherung / «negative assurance»).
Diese unabhängige Prüfung kann nur die Einhaltung eines gewählten Regelwerks bestätigen (Prüfung Soll- vs. Ist-Zustand). Die Prüfung erfolgt in Form einer Angemessenheitsprüfung des Compliance Management Systems mit begrenzter Sicherheit gemäss dem Schweizer Prüfungsstandard 980 «Grundsätze zur Prüfung von Compliance Management Systemen».
Das Revisionsunternehmen beurteilt, ob die Lieferkettenpolitik und das System zur Rückverfolgung der Lieferkette des Unternehmens in den gesetzlich definierten Bereichen angemessen dargestellt sind und beurteilt deren Eignung, Risiken schädlicher Auswirkungen zu ermitteln und zu bewerten.
Die Prüfung schliesst (1) die Ermittlung und Bewertung der Risiken, (2) den Risikomanagementplan und (3) die Massnahmen zur Minimierung der festgestellten Risiken ein.